Kaum ein politisches Thema bewegt derzeit so viele unterschiedliche Interessengruppen wie der Kampf gegen das illegale Glücksspiel. Zwischen juristischen Grauzonen und einer manchmal halbherzig wirkenden Regulierung wächst der Druck, endlich durchgreifen zu müssen.
Während sich auf der einen Seite ein Milliardenmarkt im Verborgenen etabliert hat, ringen Behörden, Politik und Anbieter auf der anderen Seite um rechtssichere Lösungen. Besonders die Große Koalition hat angekündigt, das Thema auf Bundesebene stärker zu bündeln. Doch wie wirkungsvoll sind die geplanten Maßnahmen wirklich?
Warum das illegale Glücksspiel weiterhin boomt
Der illegale Glücksspielmarkt in Deutschland ist kein Nischenphänomen, sondern ein lukratives System mit internationaler Vernetzung. Anbieter, oft mit Sitz in Curaçao, Zypern oder sogar innerhalb der EU wie Malta, betreiben unlizenzierte Plattformen, die sich geschickt der Kontrolle entziehen. Spiegel-Domains, wechselnde URLs und der Einsatz von VPNs machen es für Aufsichtsbehörden nahezu unmöglich, die Angebote dauerhaft zu blockieren.
Hinzu kommt: Viele Nutzer erkennen die Grauzone gar nicht oder ignorieren sie bewusst. Ein Großteil dieser Plattformen nutzt zudem aggressive SEO-Strategien und Affiliate-Marketing, um in Suchmaschinen weit oben zu erscheinen. Dort treffen sie auf Spieler, die mit legalen Angeboten unzufrieden sind, weil sie beispielsweise strikte Einsatzlimits, verpflichtende Sperrsysteme oder restriktive Werberegeln als Einschränkung empfinden. Das Resultat: Ein Wildwuchs an illegalen Angeboten, die kaum reguliert sind, dafür aber eine umso höhere Anziehungskraft entfalten.
Währenddessen haben Zahlungsdienstleister mit Sitz außerhalb der EU oft wenig Interesse, sich an deutsche Vorgaben zu halten. Finanzströme bleiben verschleiert, Auszahlungen erfolgen über kryptobasierte Systeme oder Drittanbieter mit Offshore-Struktur. In dieser Gemengelage wird deutlich, dass sich technologische Cleverness längst gegenüber veralteten Kontrollmechanismen durchgesetzt hat. Ein ernstzunehmendes Dilemma.
Denn wie diese Dokumentation von ARTE zeigt, besteht die Gefahr, dass das Milliardengeschäft des Online-Glücksspiel bald auch in Deutschland in den Händen der Mafia liegt:
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Attraktive Alternativen statt Verbote
Der Blick allein auf Restriktionen und Verbote greift zu kurz. Wer illegale Angebote bekämpfen will, muss legale Alternativen schaffen, die konkurrenzfähig sind – nicht nur im Sinne der Rechtskonformität, sondern auch mit Blick auf Nutzererlebnis und Spieltiefe. Genau hier liegt ein bislang unterschätzter Hebel.
Ein Paradebeispiel für ein legales, unterhaltsames Angebot ist das Spiel Eye of Horus. Der Slot gehört zu den beliebtesten Titeln im lizenzierten Bereich und zeigt, dass Spielvergnügen und rechtliche Sicherheit kein Widerspruch sein müssen. Mit klassischem Aufbau, einer vertrauten Symbolik und transparenten Gewinnstrukturen bietet das Spiel genau das, was viele Nutzer suchen – ohne Risiken und ohne Grauzonen.
Solche Angebote haben aktuell das Potenzial, Nutzer zurückzugewinnen, die sich bewusst oder unbewusst in illegale Gefilde begeben haben. Wenn legale Plattformen zusätzlich durch transparente Auszahlungsmechanismen, faire Quoten und modernen Spielerschutz überzeugen, wächst das Vertrauen. Und genau dieses Vertrauen ist entscheidend, um dem Schattenmarkt die Grundlage zu entziehen.
Problematisch bleibt allerdings, dass legale Anbieter durch enge Werbebeschränkungen oft gar nicht in der Lage sind, mit der Sichtbarkeit illegaler Seiten mitzuhalten. Während Letztere ohne Rücksicht auf Vorgaben mit Lockangeboten, SEO-Strategien und Affiliatesystemen arbeiten, sind seriöse Anbieter in der Öffentlichkeit kaum präsent. Die Folge: Wer ein Angebot sucht, landet nicht selten zuerst bei einem Anbieter, der gar keine Lizenz besitzt.
Rechtslage und Realität – was derzeit getan wird und wo es hakt
Seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 sind verschiedene Online-Glücksspielangebote in Deutschland grundsätzlich erlaubt – vorausgesetzt, sie sind von der GGL zugelassen. Diese zentrale Behörde, die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder, soll eigentlich Ordnung in den Online-Markt bringen. Tatsächlich stößt sie aber regelmäßig an rechtliche, technische und strukturelle Grenzen.
Ein besonders deutliches Beispiel dafür lieferte das Bundesverwaltungsgericht im Frühjahr 2024: Netzsperren, so das Urteil, seien ein unzulässiger Eingriff in die Informationsfreiheit. Damit fiel eines der wirksamsten, aber auch umstrittensten Instrumente zur Unterbindung illegaler Seiten weg. Als Ersatzlösung bleibt oft nur das sogenannte Payment-Blocking. Doch dieses steht und fällt mit der Kooperation internationaler Zahlungsdienstleister, die in vielen Fällen schlicht ausbleibt.
Hinzu kommt ein weiteres strukturelles Problem: Während die GGL formal für den Online-Bereich zuständig ist, bleiben viele Umsetzungsfragen, etwa Bußgelder oder Vollzugsmaßnahmen, Aufgabe der Länder. Die Folge sind doppelte Zuständigkeiten, unklare Kompetenzen und Verzögerungen, die Anbieter gezielt ausnutzen.
Was sich ebenfalls zeigt: Die Gesetzeslage allein reicht nicht aus. Ohne einheitliche technische Standards, bessere personelle Ausstattung und juristisch saubere Verfahren bleibt die Durchsetzung ein zäher Prozess mit ungewissem Ausgang.
Was plant die Große Koalition – und reicht das, um gegenzusteuern?
Die politische Richtung ist klar: Die Große Koalition will dem Wildwuchs auf dem illegalen Glücksspielmarkt nicht länger zuschauen. Im Koalitionsvertrag wurde das Thema erstmals deutlich priorisiert. Der Vorschlag, das illegale Glücksspiel zur Bundessache zu machen, markiert dabei nicht nur ein Symbol, sondern könnte ein echter Hebel sein – vorausgesetzt, er wird konsequent umgesetzt.
Geplant ist unter anderem, die GGL mit mehr Personal, mehr Geld und vor allem mehr Kompetenzen auszustatten. Dazu sollen zentrale Meldestellen geschaffen werden, bei denen verdächtige Seiten gemeldet und in Echtzeit überprüft werden können.
Auch im Strafrecht ist eine Verschärfung vorgesehen: Betreiber ohne Lizenz, die ihre Dienste deutschen Spielenden zugänglich machen, sollen künftig härter belangt werden können – auch dann, wenn sie im Ausland sitzen. Außerdem sollen mehr Kontrollen im Kampf gegen illegales Glücksspiel in gastronomischen Betrieben eingesetzt werden, wie hier in Neubrandenburg, bei dem dutzende Einsatzkräfte mehrere gastronomische Einrichtungen gleichzeitig kontrollierten.
Ein Punkt bleibt jedoch offen: Wie lassen sich diese Maßnahmen mit bestehenden Gerichtsurteilen und Grundrechten vereinbaren? Denn solange Netzsperren als unzulässig gelten und Payment-Blocking nicht einheitlich greift, bleiben viele Pläne Wunschdenken. Ohne neue rechtssichere Instrumente, die sowohl technisch umsetzbar als auch juristisch tragfähig sind, verliert jede politische Ankündigung an Wirkung.
Warum der Flickenteppich die Durchsetzung erschwert
Parallel zur Bundesebene wirkt die Realität auf Landesebene stellenweise ausgebremst. Stationäre Angebote wie Spielhallen oder Wettbüros liegen weiterhin in der Verantwortung der Länder – und dort zeigt sich: Was in Niedersachsen strikt kontrolliert wird, wird in anderen Bundesländern eher locker gehandhabt. Diese Unterschiede führen zu einem unübersichtlichen Chaos, in dem legale Anbieter kaum noch wissen, woran sie sich halten sollen.
Noch kritischer ist: Während illegale Plattformen bundesweit agieren, ist die Kontrolle ihrer Auswirkungen lokal zersplittert. Die GGL kann digitale Verstöße zwar registrieren, ist aber auf die Kooperation der Länder angewiesen, wenn es etwa um Durchsuchungen, Sanktionen oder Betriebsuntersagungen geht. Wo diese Kooperation ausbleibt, entstehen systematische Lücken.
Deshalb fordert die GGL schon länger einheitliche Standards. Nicht nur für Verfahren, sondern auch für Sanktionen und Prüfmechanismen. Der Ruf nach einer echten Verzahnung zwischen Bund und Ländern wird lauter. Solange jedes Bundesland seine eigenen Maßstäbe anlegt, bleibt die Durchsetzung ein Kraftakt, der selten Wirkung entfaltet.
Rechtliche Grauzonen und technische Hürden
Der rechtliche Rahmen in Europa erschwert die Durchsetzung zusätzlich. Anbieter mit Sitz in anderen EU-Staaten berufen sich auf die Dienstleistungsfreiheit – ein Argument, das im laufenden EuGH-Verfahren weiterhin Relevanz hat. Gleichzeitig verhindern Datenschutzgesetze in vielen Fällen die notwendige internationale Zusammenarbeit. Ermittlungen scheitern daran, dass IP-Adressen oder Finanzflüsse nicht erfasst, nicht ausgewertet oder nicht übermittelt werden dürfen.
Hinzu kommt, dass viele Anbieter technisch sehr smart und äußerst flexibel sind. Domain-Wechsel, wechselnde IPs oder verschlüsselte Verbindungen erschweren die Rückverfolgbarkeit. Auch Affiliatesysteme tragen ihren Teil zur Unübersichtlichkeit bei: Werbepartner arbeiten oft im Verborgenen, erhalten Provisionen über Drittstrukturen und sitzen selbst in Offshore-Zonen.
Die klassische Strafverfolgung kommt hier kaum hinterher. Selbst wenn ein Verstoß festgestellt wird, fehlt es oft an Zugriffsmöglichkeiten auf die Betreiber. Verfahren verlaufen im Sand, weil keine Adresse ermittelbar ist oder die Betreiber schlicht nicht greifbar sind.
Legalisieren oder sperren?
Der Reiz illegaler Angebote lässt sich nicht allein mit Gesetzen eindämmen. Auch nicht mit Sperrversuchen oder Strafandrohungen. Denn wer spielen will, findet immer Wege – solange die Alternativen nicht überzeugen. Deshalb rückt die Debatte zunehmend in eine neue Richtung: Weg von der Schwarz-Weiß-Diskussion zwischen Verbot und Freigabe, hin zu einer Kombination aus klaren Regeln, attraktiven Angeboten und kluger Kommunikation.
Dabei braucht es beides: Prävention, um überhaupt erst Bewusstsein zu schaffen, und Repression, um die klaren Grenzen zu markieren. Die Debatte darüber, ob eines von beiden ausreicht, führt in eine Sackgasse. Viel hilfreicher ist ein praxisnaher Blick auf Maßnahmen, die ineinandergreifen.
Diese fünf Punkte zeigen, wo wirkungsvoll angesetzt werden kann:
- Gesetzliche Schlupflöcher konsequent schließen. Anbieter dürfen sich nicht mehr hinter EU-Recht verstecken können, wenn sie systematisch gegen deutsches Glücksspielrecht verstoßen.
- Zugang zu illegalen Seiten technisch erschweren, aber rechtskonform. DNS-Blocking oder dynamische Filterlisten müssen juristisch sauber abgesichert sein.
- Kooperation mit Zahlungsdienstleistern stärken. Nur wenn Geldflüsse zuverlässig unterbunden werden, verlieren illegale Anbieter ihren Geschäftsgrund.
- Legale Angebote aktiv stärken. Attraktive Plattformen mit seriösen Spielen binden Nutzer und schaffen Vertrauen.
- Aufklärungskampagnen gezielt ausbauen. Viele wissen nicht, wie illegale Angebote aussehen oder welche Risiken sie bergen.
Die Wirkung entsteht dort, wo alle Maßnahmen zusammenwirken. Kein einzelner Schritt wird das Problem lösen, aber im Zusammenspiel lässt sich ein Umfeld schaffen, das illegale Anbieter langfristig aus dem Markt drängt.
Ein Blick ins Ausland – welche Modelle könnten Vorbild sein?
Andere Länder stehen vor denselben Herausforderungen, haben aber teils andere Antworten gefunden. In Frankreich existiert eine systematische Blacklist, kombiniert mit direkter Kooperation mit Banken und Zahlungsdienstleistern. Österreich setzt auf klare gesetzliche Strukturen, regelmäßige Marktanalysen und eine aktive Finanzpolizei, die illegale Angebote konsequent verfolgt. Großbritannien wiederum punktet mit einer zentralen Regulierungsinstanz, der Gambling Commission, die weitreichende Befugnisse besitzt und diese auch nutzt.
Was auffällt: Viele dieser Länder verzichten nicht auf klare Eingriffe, sie führen sie nur mit juristischer Präzision durch. Gleichzeitig werden legale Angebote aktiv sichtbar gemacht. Werbung ist erlaubt, solange sie verantwortungsvoll geschaltet wird. Die Balance zwischen Angebot und Kontrolle scheint dort oft besser zu funktionieren.
Eine 1:1-Übertragung auf Deutschland ist zwar nicht möglich, denn die föderalen Strukturen und rechtlichen Vorgaben sind zu unterschiedlich. Dennoch lohnt sich der Blick über die Grenzen. Inspiration darf erlaubt sein, besonders dann, wenn man beim eigenen Modell an zu vielen Stellen gegen die Wand läuft.
Politischer Wille trifft auf digitale Realität – jetzt braucht es Konsequenz!
Der politische Wille ist spürbar – doch dieser allein genügt nicht. Wenn illegales Glücksspiel in Deutschland wirksam eingedämmt werden soll, müssen technische Realität und rechtliche Rahmenbedingungen zusammenfinden. Was bisher fehlte, war nicht die Einsicht in die Problemlage, sondern die Konsequenz zur praktischen Umsetzung.
Ein durchsetzungsfähiger Rechtsrahmen, kombiniert mit einem glaubwürdigen legalen Angebot und einer effektiven Aufklärung – das ist der Dreiklang, den die Große Koalition liefern muss. Der Markt verändert sich schnell. Wer ihn regulieren will, muss genauso flexibel denken wie die Anbieter, die er bekämpfen will.